Zeitraffer brauchen Geduld, warme Unterhosen und ein gutes Buch

Ein paar Wolken am Himmel? Sehr gut. Und dazu ein bisschen Wind? Perfekt. Timelapse-Wetter! Ich brauche nämlich Bewegung – ok, generell und sowieso, aber auch am Himmel. Denn dann gibt er eine gute Kulisse ab für die Zeitraffer-Filme, an denen ich mich gerade ausprobiere.


Was man, neben dem richtigen Wetter, dafür braucht: Eine x-beliebige Kamera, ein Stativ, volle Akkus, große Speicherkarten und die Möglichkeit, Fotos in einstellbaren Intervallen zu schießen. Da meine Kamera das von Haus aus nur in begrenztem Umfang kann, nutze ich die Triggertrap-App und das zugehörige Kabel, um das Smartphone mit dem Fotoapparat zu verbinden.

Die App kann noch viel mehr, und wenn ich in Rente zu gehe, finde ich vielleicht die Zeit, alle Funktionen auszuprobieren: Die Kamera mit einem Geräusch auslösen, um zum Beispiel einen zerplatzenden Ballon im richtigen Moment abzulichten. Auslösen durch eine Bewegung (Luftsprung-Bilder) oder aufgrund der Entfernung (GSP-gesteuerte Auslösung alle XX Meter, etwa auf einer Autofahrt). Und irgendwann traue ich mich vielleicht an Star-Trail-Filme, auf denen die Bahnen zu sehen sind, die Sterne am nächtlichen Firmament ziehen.

Zeitraffer-Cracks setzen den Film später in Lightroom (ggf. mit der Software-Erweiterung LRTimelapse) zusammen. Für meine bescheidenen ersten und wohl auch weiteren Schritte habe ich mir die Mac-App Sequence zugelegt. Sie kann nicht allzu viel, aber das Notwendigste wie z.B. Weißabgleich-Korrektur und eine Deflicker-Funktion, die Schwankungen bei der Helligkeit ausgleicht, und das reicht mir erstmal.

Was ich allerdings endlich mal halbwegs lernen muss: Den Umgang mit manuellen Kameraeinstellungen. Den Autofokus zu deaktivieren und selbst scharf zu stellen (weil die Kamera sonst unter Umständen einzelne Bilder der Sequenz anders fokussiert) bekomme ich ja noch hin. Zu Themen wie Belichtungszeit, Blende und Weißabgleich gibt es zum Glück viele Experten da draußen, die ihr Wissen teilen, zum Beispiel hier ud hier (wo man auch den wichtigsten Tipp von allen findet: Immer zu viel Kleidung und was zu trinken dabei haben).

Was man dabei lernen kann: Zeit ist sowas von relativ. Alle fünf Sekunden ein Foto, und das eine gute Dreiviertelstunde lang, ergibt am Ende ein Filmchen allenfalls 20 Sekunden – bei einer Bildfrequenz von 25 bis 30 Bilder pro Sekunde.

Was man dabei noch lernen kann: Geduld. Eine Stunde und länger mehr oder weniger beschäftigungslos neben einem Stativ zu stehen kann ziemlich langweilig sein. An der neuen EZB im Ostend, wo ich an einem Samstag die Skater fotografierte, bin ich viel zu früh unruhig geworden – mit dem Ergebnis, dass dieses spannende Motiv im fertigen Zeitraffer-Film für meinen Geschmack zu kurz geraten ist. Ein paar Tage später an der Mainfähre bei Maintal hatte ich neben dem Weitwinkelobjektiv auch ein Buch dabei, was mich deutlich länger durchhalten ließ: Wer in der letzten Einstellung des Films genau hinschaut, kann acht Fährüberfahrten und zwei vorbeiziehende größere Mainschiffe zählen. Und natürlich jede Menge passierende Enten. :)

Ein Podcast, ein Podcast!

Weil Weihnachten ist, mache ich mir ein Geschenk: Eine eigene, unter großem Amusement mit Unterstützung der Familie produzierte Podcast-Episode zur Frankfurter Stadtgeschichte! Es geht um den Bierkrawall, jenen Aufstand der trinkfreudigen Frankfurter, die anno 1873 eine Erhöhung der Bierpreise nicht hinnehmen wollten – mit meinem Schwiegervater in der Rolle des Bierbrauers Binding.

Entstanden ist die Folge als Übung für das Social-Media-Fernstudium, das ich in diesem Jahr absolviert habe. Ob weitere Episoden folgen und tatsächlich ein Podcast daraus wird, wird das neue Jahr zeigen.

Frohe Weihnachten allerseits!

Abschied

Abschied von einer Zeitungsjournalistin - natürlich auf Papier.

Abschied von einer Zeitungsjournalistin – natürlich auf Papier.

Wieder reißt der Tod einen Menschen aus der Redaktion heraus. Am Dienstag erreichte uns die traurige Nachricht, dass Claudia Michels gestorben ist, langjährige Kollegin und für viele in der Rundschau auch Freundin. Sie war das, was man ein Urgestein der FR nennen konnte (und davon hat die turbulente jüngere Geschichte der Zeitung wahrlich nicht viele übrig gelassen): Rundschau-Autorin seit 1972, Lokalredakteurin, Reporterin, Kennerin der Frankfurter Vergangenheit und aufmerksame Beobachterin der Frankfurter Gegenwart, und das für die unfassbar lange Zeit von 42 Jahren. Sie schrieb vor allem über die Veränderungen in Frankfurt, nahm dabei immer die Menschen in den Fokus und das, was der Wandel mit ihnen macht. Auch viele der Artikel im Stadtgeschichte-Blog stammen von ihr.

Wieder herrscht in diesen Tagen Stille auf den Fluren der Redaktion, und viele Türen sind, anders als sonst üblich, geschlossen. Im Netz sammeln wir Erinnerungen an Claudia, darunter die Abschiedsworte von Kerstin Gnielka, der Tochter von Thomas Gnielka – jenes FR-Redakteurs, dessen Recherchen und Hartnäckigkeit die Auschwitz-Prozesse in Frankfurt angestoßen haben. Bewegend sind aber auch die Worte, die Miriam Keilbach fand, eine liebe Kollegin aus dem Büro schräg gegenüber:

Liebe Clau,

als ich vor gut zwei Jahren aus der Bad Homburger Redaktion in die Frankfurter Redaktion kam, hast du mich erst einmal kritisch beäugt – wie die meisten jungen Kollegen. Was soll das?, dachte ich damals, ich bin doch auch schon eine Weile Redakteurin. Schnell aber habe ich gemerkt, was das sollte: Es ging ums Genauer hinschauen. Hinschauen bei den Menschen, der Recherche, der Sprache im Text.

Im Namen der Redaktion hat Claus-Jürgen Göpfert den Nachruf verfasst: FR-Redaktion trauert um Claudia Michels

Tugçes Tod und die Folgen

In und um die Stadt wird überall über den traurigen Tod der 22-jährigen Offenbacherin gesprochen, die sich mutig eingemischt hatte, als zwei junge Frauen Hilfe brauchten, die dafür auf einem Parkplatz verprügelt und knapp zwei Wochen später für hirntot erklärt wurde. Heute, an ihrem Geburtstag, zugleich der Tag, an dem die Maschinen abgestellt werden, wandern meine Gedanken immer wieder rüber in die Nachbarstadt. Dort versammeln sich gerade in diesen Minuten viele Menschen vor dem Krankenhaus und trauern gemeinsam.

Ich wünschte, dass die Hohlköpfe, die in den sozialen Netzwerken zum Schlachten des Täters aufrufen, sich zum Lynchmord verabreden und auch die Familie des 18-Jährigen bestraft sehen wollen, mal kurz innehalten und sich fragen, wie Tugçe A. das wohl so fände. Sehr wahrscheinlich, dass sie sich angewidert abwenden würde.

Dabei finde ich ja auch, dass ihr Tod Folgen haben sollte – die nämlich, es ihr nachzutun: Zivilcourage zu zeigen. In Frankfurt und Offenbach gibt es, wie in vielen anderen Städten, reichlich Gelegenheit dazu, leider. Und: Organspender zu sein. Vor allem letzteres ist so einfach. Sich einmischen, wenn andere bedroht werden, ist schon schwieriger. Die Strategie, in solchen Situationen andere Unbeteiligte persönlich zum gemeinsamen Eingreifen aufzufordern, wird immer wieder genannt. Eine andere (mir bislang unbekannte) ist die, nicht mit dem Täter zu reden, ja ihn gänzlich zu ignorieren, sondern sich ausschließlich an das Opfer zu wenden und Hilfe anzubieten. Und zu versuchen, immer mindestens vier Meter Abstand zum Täter zu halten: Dem Opfer eine Brücke bauen.

Ein Leben in Bildern

Helene Schjerfbeck: Selbstporträts

Helene Schjerfbeck: Selbstporträts

Schon lange bin ich nicht mehr so beeindruckt aus der Schirn gekommen wie dieser Tage. Schuld daran ist Helene Schjerfbeck, eine finnische Malerin, von der ich – offen gesagt – nie zuvor gehört hatte. In Finnland gilt sie als bedeutendste Malerin der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sogar auf einer 2-Euro-Münze ist sie abgebildet. Zu recht, wie ich jetzt weiß. Weiterlesen →