Nabelschau

Den Vorwurf einseitiger Berichterstattung hört keine Redaktion gerne. (Mit Ausnahme vielleicht jener Kollegen, die jounalistische Ethik eh für verzichtbar halten, solange sich nur das Blatt gut verkauft. Wenn ichs recht bedenke, gibt es die ja auch unter Bloggern. „Ich darf sagen, was ich denke“ ist da oberste Maxime – egal, wie dümmlich ein Klischee, wie gefährlich ein Vorurteil, wie verletzend ein Witz auch sein mag. Solange nur die Besucherzahlen stimmen. Aber ich schweife ab.)
Den Schuh, mitunter recht einseitig über den Nahost-Konflikt zu berichten, wollten sich die Nachrichten- und die Politikredaktion in der heutigen Mittagskonferenz jedenfalls nicht gerne anziehen.
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Unter Beobachtung

„Ist deine Tochter etwa eine Linke?“, fragt vor wenigen Tagen ein gerade erst unvermittelt zum Verwandten gewordener älterer Herr meinen Vater, während er mit einem Zeigefinger vor meinem Gesicht herumfuchtelt. „Tja, gute Erziehung“, werfe ich breit grinsend ein, bevor mein peinlich berührter Vater abwinken kann. Anlass war
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Wir leben in einer Diktatur

Die Presse ist gleich geschaltet. Es herrscht Zensur. Informationen werden gefiltert, eigenständiges Denken ist verboten. Freie Entscheidungen zu treffen ist unmöglich.
Könnte man angesichts der vielstimmigen Klagen über die Manipulationen, denen wir armen Deutschen schutzlos ausgeliefert sind, fast meinen. Da werden dann, weil man gerade so schön in Schwung ist und Hiebe gegen die böse Presse ja eh zum guten Ton gehören, mal eben fast Journalisten mit Terroristen auf eine Stufe gestellt – öffentlich. Gerade so, als könnten wir nicht frei entscheiden, ob wir uns den Dreck, den Taff, Akte soundso, Brisant (und wie sie alle heißen) uns gerne ins Haus liefern möchten, reinziehen wollen oder nicht. Gerade so, als hätten wir nicht täglich am Kiosk die Wahl zwischen einem Dutzend unterschiedlicher Sichtweisen zu ein- und demselben Thema. Gerade so, als würde Herr Diekmann täglich fast vier Millionen von uns mit vorgehaltener Knarre zwingen, sein Blutblatt zu kaufen.
Natürlich bin ich befangen. So wie alle, die sich ständig gegen dümmliche Klischees zu wehren haben – seien es nun Lehrerinnen, Beamte, Nachtwächter oder Roma. Manchmal beschleicht mich ein Verdacht: Auf dem Sofa vor der Glotze liegen zu bleiben und Gift und Galle zu schimpfen über das, was man da vor sich hat, scheint für viele immer noch leichter zu sein, als aufzustehen und seine Gewohnheiten zu ändern. Dafür mag es viele Gründe geben. Verboten ist es jedenfalls nicht.
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Mit Argusaugen

Ob zu Recht oder zu Unrecht: Die Zeitung wird im Ruch stehen, die Parteizeitung der SPD zu sein, und die Journalisten, die wegen der Bürgschaft eine Zeitlang verdächtigt wurden, Roland Koch sanfter zu behandeln, wird man nun mit dem Vorwurf konfrontieren, ihre Berichterstattung diene den Interessen der SPD, schreibt Ulrike Simon heute im Tagesspiegel.
Das ist es wohl, was den Redakteurinnen und Redakteuren der Frankfurter Rundschau an den Übernahmeplänen durch die SPD-Holding DDVG die größten Bauchschmerzen bereitet.
Auch, wenn die Redaktion weiterhin parteipolitisch unabhängig berichtet; auch, wenn die Regierungspartei auch künftig nicht mit Samthandschuhen angefasst wird: Viele werden der Versuchung unterliegen, die gleiche Haltung, angewandt gegenüber der derzeitigen Opposition, mit der Beteiligung der Genossen an der FR in Verbindung zu bringen.
Im Grunde schadet es einer freien Presse ja nicht, wenn die Leserschaft sie mit Argusaugen beobachtet. (Auch wenn es so gut wie keine Folgen hat, wie Bild jüngst in Hamburg wieder bewies, wo das Blatt Ole von Beust ganz unverblümt in der Wählergunst nach oben geschrieben hatte.) Dennoch: Für den Tagesspiegel wäre ein Einfluss der SPD auf redaktionelle Inhalte der FR sogar kontraproduktiv:
Parteizeitungen funktionieren nicht, wie die 140-jährige Geschichte der SPD-Medien zeigt. Und gerade die FR mit ihren überkritischen Lesern dürfte wohl kaum ihre Glaubwürdigkeit als unabhängige Zeitung riskieren. Der Verlust publizistischer Glaubwürdigkeit hätte unweigerlich den wirtschaftlichen Gau zur Folge. Und davor soll die FR ja gerade bewahrt werden.
Die ersten Abonnenten drohen übrigens bereits mit Kündigung. Sie müsste man zurückfragen, ob ihnen die Einstellung „ihrer“ FR lieber gewesen wäre.
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