Tugçes Tod und die Folgen
In und um die Stadt wird überall über den traurigen Tod der 22-jährigen Offenbacherin gesprochen, die sich mutig eingemischt hatte, als zwei junge Frauen Hilfe brauchten, die dafür auf einem Parkplatz verprügelt und knapp zwei Wochen später für hirntot erklärt wurde. Heute, an ihrem Geburtstag, zugleich der Tag, an dem die Maschinen abgestellt werden, wandern meine Gedanken immer wieder rüber in die Nachbarstadt. Dort versammeln sich gerade in diesen Minuten viele Menschen vor dem Krankenhaus und trauern gemeinsam.
Ich wünschte, dass die Hohlköpfe, die in den sozialen Netzwerken zum Schlachten des Täters aufrufen, sich zum Lynchmord verabreden und auch die Familie des 18-Jährigen bestraft sehen wollen, mal kurz innehalten und sich fragen, wie Tugçe A. das wohl so fände. Sehr wahrscheinlich, dass sie sich angewidert abwenden würde.
Dabei finde ich ja auch, dass ihr Tod Folgen haben sollte – die nämlich, es ihr nachzutun: Zivilcourage zu zeigen. In Frankfurt und Offenbach gibt es, wie in vielen anderen Städten, reichlich Gelegenheit dazu, leider. Und: Organspender zu sein. Vor allem letzteres ist so einfach. Sich einmischen, wenn andere bedroht werden, ist schon schwieriger. Die Strategie, in solchen Situationen andere Unbeteiligte persönlich zum gemeinsamen Eingreifen aufzufordern, wird immer wieder genannt. Eine andere (mir bislang unbekannte) ist die, nicht mit dem Täter zu reden, ja ihn gänzlich zu ignorieren, sondern sich ausschließlich an das Opfer zu wenden und Hilfe anzubieten. Und zu versuchen, immer mindestens vier Meter Abstand zum Täter zu halten: Dem Opfer eine Brücke bauen.
Ein Leben in Bildern
Schon lange bin ich nicht mehr so beeindruckt aus der Schirn gekommen wie dieser Tage. Schuld daran ist Helene Schjerfbeck, eine finnische Malerin, von der ich – offen gesagt – nie zuvor gehört hatte. In Finnland gilt sie als bedeutendste Malerin der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sogar auf einer 2-Euro-Münze ist sie abgebildet. Zu recht, wie ich jetzt weiß. Weiterlesen →
Alles vom Billigsten

Kreuzung Elbe- und Niddastraße. Foto: Arne Hückelheim, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Jungs trauen sich offenbar nur im Rudel rein. Jedenfalls tauchen sie auf den Monitoren, die uns einen Blick in die Flure über uns gewähren, meist zu mehreren auf. Wir stehen in einer Art Hausmeister-Büro, gelegen im Erdgeschoss eines Bordells im Frankfurter Bahnhofsviertel, und sehen mittels Überwachungskameras ein paar Kerlen mit tiefhängenden Jeans und Baseballkappe zu, wie sie über uns von Stockwerk zu Stockwerk, von Zimmer zu Zimmer laufen (daher die Bezeichnung „Laufhaus“). Sie glotzen, feixen, gehen weiter. Später werden sie sich vor ihren Kumpels mit ihrem Puffbesuch dick tun. Aber eigentlich sind sie nur hier, um die Prostituierten zu begaffen, die spärlich bekleidet auf Barhockern sitzen oder an der geöffneten Tür ihres Zimmers lehnen. Das Geschäft läuft offensichtlich schleppend. Es ist noch früh am Abend. Nachts ist hier ein bisschen mehr los – und mittags, wenn man ringsherum in den Büros, Agenturen und Banken pausiert. „Einblick in das älteste Gewerbe der Welt“ verspricht die vierstündige Führung durch das Frankfurter Rotlichtviertel – Gespräche mit Gewerbetreibenden inklusive. Weiterlesen →