Jugend Hessens!

Die Augen des Landes sind auf Euch gerichtet. Ihr seid unsere Hoffnung!

Zugegeben: Das mag ein ganz neues Gefühl für Euch sein. Ja, vielleicht gab es Momente in den vergangenen Jahren, da kamt Ihr Euch vernachlässigt vor. Habt mal abends vor der geschlossenen Tür eines Jugendzentrums gestanden, das dichtmachen musste. Oder Euer Streetworker tauchte eines Tages nicht mehr auf. Womöglich musste der eine oder die andere unter Euch schon einen zweiten Ordner für die wachsende Sammlung von Absagen auf Lehrstellenbewerbungen anlegen. Sensiblere Gemüter könnten da schon mal auf den Gedanken kommen, die Gesellschaft brauche sie nicht. Wir verstehen das. (Aber Ihr müsst auch uns verstehen: Man darf die Wirtschaft zu nichts zwingen.)

Jugend Hessens! Schaut nicht zurück. Entscheidend ist das Heute. Jetzt werdet Ihr gebraucht – dringender denn je. Wir brauchen Euch, Eure ungestüme Energie, Eure Tatkraft. Eure kreative Wut. Euren Willen, anzupacken, etwas zu verändern – warum nicht die Nase Eures Gegenübers in der U-Bahn? Noch ein, zwei Prügeleien, vorzugsweise gegen Rentner, am besten in öffentlichen Verkehrsmitteln – und wir haben sie im Sack, die Mehrheit bei der Landtagswahl. Also: Fäuste hoch, Zähne auseinander! Gemeinsam sind wir stark.

Viele Grüße, Eure CDU

Guten Rutsch – auch nach Karlsruhe

Neues Jahr – ich frage dich:
Was ist dein Geschenk an mich?
Bringst du Pläne von Schäuble zurück,
Höhlst die Grundrechte aus noch ein Stück?
Dreh Dich um und zeig Dein Gesicht,
Neues Jahr, enttäusche mich nicht.

Durch Zeit und Raum fliegen die Träume
und kämpfen noch mit den Schatten der Nacht.
Doch Sonnenlicht fällt durch die Bäume,
und die Erde erwacht …

Neues Jahr, was bringt der Wind,
wenn das Lauschen bald beginnt?
Bringt er Blicke auf Eig’ne Dateien?
Und schränkt Sphäre privat noch mehr ein?

Ich bitte Dich, erzähle es mir –
Neues Jahr, vertrau wenigstens Du mir.

Verzeih, Gitte.

Und… Aktion!

Wow, das war einfach der Hammer, diese „Aktion Licht aus“. Fünf Minuten abschalten, und alle, alle waren dabei. Ein wenig hat es mich an die Sonnenfinsternis 1999 erinnert, und an die englische Reporterin, die fürs deutsche TV-Publikum bewegt „Wir alle sind unifiziert in diese Moment“ ins Mikrofon flüsterte. Gänsehaut, ey.

Damals, vor Jahren, als Benny Beimer (Gott hab ihn selig) schon einmal „Licht aus für die Umwelt“ forderte, drückten höchstens ein paar Hardcore-Aktivisten den Schalter – und die Lindenstraße gleich mit aus. Heute sind alle dabei, wenn es um den Klimaschutz geht, und die Kollegen vom Fernsehen setzen dieses bewegende Schwarz in all den unifizierten Städten wattstark in Szene. Beeindruckend.

Nicht gutes Gewissen – nein, Symbolik ist das beste Ruhekissen. Fünf Minuten reichen schon!
Also auf zur nächsten Aktion – wie wär’s mit „Hände weg“ für den Kinderschutz? Am 27. Dezember 2007 von 20 bis 20.05 Uhr keine Schläge. Ihr seid doch dabei?

Lebensverlängerung

Ein Jahr begleitet sie mich nun. Oder ich sie. Jeden Tag in diesem Jahr hatte ich mit ihr zu tun. Selbst wenn ich im Urlaub war, gab es hier täglich einen neuen Brief von ihr zu lesen. Sie hat mich zurück in die Lesesäle der Bibliotheken, in Antiquariate, zum Blättern in brüchigem Papier, zum Lachen und zum Heulen und nebenbei darauf gebracht, dass Goethe einen schwulen Enkel hatte, mir ein paar Minuten Ruhm, ein Jobangebot und den Grimme-Award beschert. Nun mag ich sie nicht sterben lassen, die Annette von Droste.

Sie ist jetzt 51 Jahre alt, sitzt krank in ihrem Zimmer auf der Meersburg am Bodensee, das sie kaum noch verlassen kann, und registriert besorgt den Lärm auf den Straßen, die Vorboten der Revolution von 1848. Sie weiß, dass sie nicht mehr nach Westfalen, nach Münster, ins Rüschhaus – dass sie nicht mehr nach Hause zurückkehren wird. Sie hat ihr Testament gemacht (nach dessen Wortlaut ich lange suchen musste). Fünf Briefe noch sind überliefert – dann ist Schluss, mit ihrem Leben und mit meinem Projekt.

Schluss? Och nööö! Ich zögere das einfach noch ein bisschen heraus. Fange von vorne an, durchwühle die frühere Korrespondenz, finde noch mehr Briefstellen, die zu lesen sich lohnen. Zum Beispiel diesen hier, den man sich unbedingt für schlechte Zeiten bookmarken sollte!

Dotier yourself

Eine Frage, die mir nach der Grimme-Auszeichnung häufig gestellt wird, ist die nach der Dotierung des Preises. „Ruhm und Ehre“, antworte ich dann nicht ohne Stolz – und gestehe: Als Dreingabe zu Ruhm, Ehre (und Hotelzimmer, Limousinenfahrt, Verpflegung am Abend der Preisverleihung) hätte ich eine klitzekleine materielle Anerkennung durchaus nicht abgeschlagen. Doch der Grimme Online Award ist nun einmal undotiert. So lag es an mir, mich zu belohnen …

Gedichte 1844

… mit einer seltenen Erstausgabe der 1844 bei Cotta in Stuttgart/Tübingen erschienenen „Gedichte“ von Annette von Droste-Hülshof (das zweite f im Namen fehlte in dieser ersten Auflage noch). Eine gute Investition mit garantierter Rendite. Mein Alter ist gesichert. ;)

Das G-Wort

Einige Frankfurter Wirte protestieren derzeit gegen das Rauchverbot in ihren Lokalen mit einem Spruch, der an (unfreiwilligem?) Zynismus kaum zu überbieten ist: Tote Kneipen, tote Stadt. Dann doch lieber 110.000 bis 140.000 Tabaktote pro Jahr?

Das Rauchverbot in Kneipen und Restaurants gilt seit einem Monat, aber gewöhnt habe ich mich daran noch nicht. Immer noch bin ich angenehm überrascht, wenn ich ein Lokal betrete. Nach wie vor scheinen alle meine Sinne eine Wand aus Qualm zu erwarten – stattdessen gibt’s Luft zum Atmen, mal mehr, mal weniger frisch, aber rauchfrei. Neulich im ICE nach Köln schnupperte ich nach der Rückkehr zum Sitzplatz vorsichtig an meiner Bluse – tatsächlich: Keine Komplett-Verseuchung, wie früher nach jedem noch so kurzen Aufenthalt im Bord-Bistro. Ich kann mein Glück kaum fassen.

Aber ach, ich weiß: Ich bin egoistisch. Damit ich frei atmen kann, werden andere unterdrückt, diskriminiert, schlimmer noch: gegängelt. Ja, so ist das in diesem Land: Ob Rauchverbot oder Tempolimit – sobald die persönliche Freiheit tatsächlich mal da enden soll, wo die Freiheit eines anderen beeinträchtigt wird, fühlen wir uns scheinbar leidenschaftlich gerne gegängelt. Für mich indes gibt es seit Oktober eine Gängelung weniger: Ich muss nicht mehr überall mitrauchen. Und ich hätte auch gar nichts dagegen, wenn ich künftig auf der Autobahn ein bisserl weniger von Rasern gegängelt würde.

Übrigens, beim abendlichen Gang durch Frankfurt entdecke ich auch an normalen Wochentagen kaum tote Kneipen. Die Läden scheinen nach wie vor zu brummen – mit Ausnahme derer, in denen auch schon vor dem Rauchverbot nix los war.