Brennende Pinsel: Munchs Schrei und van Goghs Weizenfeld

Der Schrei, Buntstiftfassung von 2015, unbekannte Künstlerin. ;)

Der Schrei, Buntstiftfassung von 2015, unbekannte Künstlerin. ;)

Eine Fassung von Edvard Munchs „Schrei“ hängt gerade im Van-Gogh-Museum in Amsterdam und damit nur vier Zugstunden von mir entfernt. Die Sonderschau „Munch – Van Gogh“ bringt zwei Verzweifelte zusammen, die zwar aus einer Generation stammen und sich in Paris in denselben Kreisen bewegen, sich jedoch nie persönlich begegnen. Hier Vincent van Gogh, der Sonnenblumen, Hauswände, sogar sein Bett in ein lebensbejahendes Gelb taucht, und der dann kurz vor seinem Freitod mit 37 Jahren diesen unheimlichen schwarz-blauen Himmel voller Raben über das sattgelbe, von ins Nichts führenden Wegen durchzogene Weizenfeld spannt. Dort Edvard Munch, der Hypochonder, dem der Tod früh die engsten Angehörigen wegreißt. Wieder und wieder malt er das Abschiednehmen, das Sterben, malt Menschen, die von tiefer Traurigkeit gebeugt sind, und Gesichter wie Totenmasken. Über 80-jährig schläft er am Ende friedlich und bereits zu Lebzeiten berühmt in seinem Bett ein. Man bekommt sie schwerlich unter einen Hut, diese beiden Maler. Vielleicht so: Beide vermochten es auf ihre ganz eigene Weise, Gefühle so auf die Leinwand zu bringen, dass sie Betrachtern bis heute unter die Haut gehen. Weiterlesen →

CartoDB: Mehr Speicherplatz, unlimitierte Karten

CartoDB, ein Dienst für die Darstellung von Daten auf Karten, hat in den letzten Monaten eifrig an seinen Nutzungsbedingungen für Kostenlos-Accounts geschraubt, um attraktiver für Gelegenheitsuser zu werden. Schon vor längerer Zeit wurde das doch sehr lästige Limit von maximal fünf erstellbaren Karten aufgehoben, inzwischen ist die Anzahl unbegrenzt. Nun gibt es mit 250 MB für auch mehr Speicherplatz für lau.

Erstellt mit Carto-DB: Durchschnittsmieten in Frankfurter Stadtteilen im Jahr 2014.

Der Support von CartoDB kümmert sich, wie ich neulich erfahren durfte, auch um nichtzahlende Nutzer schnell und umfassend. Dort half man mir auf die Sprünge, als ich wissen wollte, wie ich Karten duplizieren und die zugrundeliegenden Daten editieren kann, ohne die Ursprungskarte zu verändern. Anwendungsbeispiel: Ich möchte Daten aus einem weiter zurückliegenden Jahr aktualisieren, aber die ältere Karte ebenfalls behalten. Die Lösung: Man dupliziert nicht die Karte selbst, sondern das Datenset, so bleibt die erste Karte samt älteren Daten unberührt.

CartoDB: Auswahloption zwischen Datensätzen und Karten.

CartoDB: Auswahloption zwischen Datensätzen und Karten.

Dass CartoDB auch bei den Map Views, wie vor einem Jahr versprochen, keine Einschränkungen mehr macht, hat sich bei dieser Karte als Segen erwiesen. Wir haben sie auf FR-Online unter jeden Artikel zum Thema Flüchtlinge eingebunden, so dass sie innerhalb kurzer Zeit mehr als eine Million Zugriffe hatte.

Fluchtbewegungen weltweit, Datenquelle: UNHCR, Stand: 2014. Über „Layers“ lässt sich zwischen Herkunfts- und Zielländern umschalten.

Im Osten was Neues

Frankfurt verändert sich derzeit an vielen Ecken und Enden, nicht nur im Osten. Kaum etwas hat die Stadtansicht aber so sehr verändert wie die neue EZB, die wie ein Marterpfahl ins Ostend gerammt wurde. Links 2011, rechts 2015.

  • Before-Frankfurt
    After-Frankfurt
    2011Frankfurt2015

Realisiert mit dem WordPress-Plugin Multipurpose Before After Slider.

Seite an Seite mit den großen Pötten: Radtour am Nord-Ostsee-Kanal

Pötte gucken ohne Ende: Mit dem Rad am Nord-Ostsee-Kanal von Brunsbüttel nach Kiel.

Pötte gucken ohne Ende: Mit dem Rad am Nord-Ostsee-Kanal von der Elbmündung an die Kieler Förde. Bild: Monika Gemmer

Mit dem Fahrrad von einem Meer zum anderen, auf der Strecke, die auch mehr als 30.000 Schiffe Jahr für Jahr nehmen: Ich will den Nord-Ostsee-Kanal entlangradeln, von West nach Ost, von Brunsbüttel nach Kiel. Es gibt eine 325 Kilometer lange NOK-Route mit vielen Schlenkern ins Hinterland, aber ich will vor allem eins: Schiffe sehen und der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt folgen. Deshalb nehme ich die „Express-Route“, die fast immer direkt am Ufer entlangführt. Zwei Tage lang reise ich Seite an Seite mit den großen Pötten. Ich lerne viel über Schleusen und Containerschifffahrt, entdecke die verwunschenen Reste des alten Eiderkanals, Vorgänger des „NOK“. Ich begegne einem echten Traumschiff und erlebe einen absoluten Tiefpunkt – an der tiefsten Landstelle Deutschlands.

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Mutter Flint

Margarethe Flint steht in Bronze am Alten Hafen von Stade.

Margarethe Flint steht in Bronze am Alten Hafen von Stade.

Margarethe Pape wird 1861 im Alten Land geboren – arm, und das wird sie bis zu ihrem Lebensende bleiben. In Stade bringt sie sich und ihr uneheliches Kind als Schneiderin durch.

Sie wird drei Mal heiraten und insgesamt sechs Kinder bekommen, die fast alle im Armenhaus aufwachsen. Ihre Männer sterben ihr weg. Mit ihrem dritten Mann Ludwig Flint eröffnet sie ein Fischgeschäft in Stade und kutschiert Fische in einem Kinderwagen, in die sie eine Zinkwanne eingesetzt hatte, zum Verkauf auf den Pferdemarkt – immer von einem Tross Katzen verfolgt.

Noch bis ins hohe Alter von 87 Jahren steht Margarethe Flint mit ihren Fischen auf den Gassen der Altstadt. Jungs ärgern sie, rufen ihr „Mutter Flint mit’m Stint“ nach. Als sie mit 90 Jahren stirbt, scheint den Stadern etwas zu fehlen. So untrennbar gehörte sie zum Stadtbild, dass die Stader „Mutter Flint“ am Alten Hafen ein Denkmal gesetzt haben.

Heute macht jede Stadtbesichtigung Station an dem Denkmal, und weil ich mich an diesem Morgen im Cafe direkt daneben in der Sonne niedergelassen habe, erlebe ich gleich mehrere hautnah. Drei Gruppen werden von Stadtführerinnen begleitet – sie alle erzählen mit viel Empathie Anekdoten über Margarethe Flint (aus dem Gehörten kann ich diesen Artikel aufschreiben). Eine steuert sogar die Geschichte von ihrer betagten Nachbarin bei, die „Mutter Flint“ als kleines Mädchen noch gekannt habe. Nur bei einer Gruppe ist das anders. Sie wird von einem Mann geführt, und die Gäste, die das Pech haben, von ihm die Stadt gelotst zu werden, erfahren lediglich das Folgende über die Frau: „War ’ne Fischverkäuferin hier in Stade. Ein ganz armes Schweinchen. So einen Hut wie hat sie übrigens nie getragen.“ Und im Weitergehen wiederholt er noch einmal: „Ein ganz armes Schweinchen.“