Auf dem Mainradweg: Alles fließt

Kurz hinter Aschaffenburg fang ich an zu singen und weiß: Nun bin ich wirklich unterwegs. Es ist Montag, der Himmel ist bewölkt, Regen angesagt – ich hab freie Bahn auf dem Radweg. Hat man einmal die Ausfallstraßen unterquert (es scheint wirklich keine Stadt zu geben, die nicht hässlich ausfranst an ihren Rändern), stört kaum ein Mensch mehr die Ruhe – ok, mit Ausnahme von mir. Als ich die mittelalterliche Richtstätte passiere, stelle ich meinen Singsang kurz ein – und bemerke, dass mein Vorderrad an irgendetwas schleift, ein leichter Achter, glaube ich.
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Lichter der Stadt

Alle zwei Jahre ist Luminale in Frankfurt: Aus Anlass einer Messe verändern Lichtinstallationen eine Woche lang den Anblick von ausgewählten Orten und Gebäuden der Stadt.

In der Obermainanlage – seit der Neugestaltung einer der schönsten Abschnitte des Anlagenrings – haben Design-Studentinnen und -Studenten aus Stuttgart und Coburg mit Licht und Schatten gespielt. Als sie in der Woche vor der Luminale ihre Installationen aufbauten, hatten sie ein Pappschild aufgestellt: „Keine Panik. Das wird noch schön.“ Und so kam es auch. Gestern, im Nieselregen, habe ich dort ein paar Fotos machen können. Update: Inzwischen sind Luminale-Bilder von weiteren Schauplätzen hinzugekommen – nach dem Klick.
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Raus ins Wäldche

Wenn der Job sich im Leben allzu sehr in den Vordergrund drängt und man selbst während des wenigen verbliebenen Schlafs über Detailfragen brütet, hilft nur eins: Mailaccount stilllegen, ungelöste Probleme aus dem Kopf schlagen, raus an die Luft und ein paar Geocaches heben – diesmal im Frankfurter Stadtwald.
Start an der Schillerruh, einer unscheinbaren Lichtung nahe der Landstraße an der Stadtgrenze Neu-Isenburg – vor gut 230 Jahren macht Friedrich Schiller an dieser Stelle schlapp, als er auf der Flucht aus der Garnison nach Frankfurt war. Gerade hatte der Militärarzt, der viel lieber Dichter sein wollte, in Stuttgart seinen Arrest abgesessen für das Entfernen von der Truppe, da zieht es ihn schon wieder nach Mannheim, um dort sein neues Theaterstück an den Mann zu bringen. Zurück in den Militärdienst, das kommt für ihn nicht mehr in Frage. Also Flucht Richtung Norden. In Darmstadt wird das Geld knapp, eine Postkutsche können Schiller und sein Freund Streicher, der ihn begleitet, sich nicht leisten – also zu Fuß weiter. Kurz vor Frankfurt kann Schiller nicht mehr. Streicher erinnert sich an den Oktobertag 1782 kurz vor der Stadtgrenze:

Man machte sich also nochmals auf, um Frankfurt in einigen Stunden zu erreichen, welches aber die Mattigkeit Schillers kaum zuzulassen schien; denn er ging immer langsamer, mit jeder Minute vermehrte sich seine Blässe, und als man in ein Wäldchen gelangte, in welchem seitwärts eine Stelle ausgehauen war, erklärte er, außerstande zu sein, noch weiter zu gehen, sondern versuchen zu wollen, ob er sich nach einigen Stunden der Ruhe wenigstens so weit erhole, um heute noch die Stadt erreichen zu können. Er legte sich unter ein schattiges Gebüsch ins Gras nieder, um zu schlafen (…) Auf die schnelle Frage von S., wie gehts, wie ist Ihnen, erfolgte zu seiner Beruhigung die Antwort „Mir ist etwas besser, ich glaube, dass wir unseren Marsch wieder antreten können.“ Er stand auf, durch den Schlaf so weit gestärkt, das er, anfangs zwar langsam, aber doch ohne Beschwerde fortgehen konnte. Außerhalb des Wäldchens traf man auf einige Leute, welche die Entfernung der Stadt noch auf eine kleine Stunde angaben. Diese Nachricht belebte den Mut, es wurde etwas schneller gegangen, und ganz unvermutet zeigte sich das altertümlich gebaute, merkwürdige Frankfurt, in welches man noch vor der Dämmerung eintrat.
Andreas Streicher: „Schillers Flucht aus Stuttgart und sein Aufenthalt in Mannheim von 1782-1785“

In Frankfurt bleibt Schiller vorsichtshalber erstmal inkognito, als er sich in einem Buchladen nach dem Erfolg der „Räuber“ erkundigt. Erst als er vom großen Zuspruch hört, den sein Stück am Main finde, gibt er sich zu erkennen – und lässt sich dann in Frankfurt ordentlich feiern. Was er von der Stadt hält, fasst er einige Jahre später in einer Gedichtzeile zusammen: „Und es herrscht der Erde Gott, das Geld.“

Ob schon Schiller durch ein Meer von Bärlauch wanderte, als er sich Frankfurt näherte? Heutzutage ziehen ganze Heerscharen von Frankfurtern ins „Wäldche“, um Bärlauch zu pflücken, bevor es blüht. An einer Stelle scheint besonders reiche Ernte zu erwarten: Am Königsbrünnchen in der Nähe des Jakobiweihers, wo ich mit eigenen Augen mitansehen musste, wie hartgesottene Sachsenhäuser aus einer schwefelhaltigen Quelle das leicht faulig riechende Wasser schlürfen. Merkwürdig bis heute, dieses Frankfurt.

Auf diesem persönlichen Ostermarsch lief Trip Journal mit, eine nette kleine Applikation auf dem Handy, die die Route mitsamt Fotos aufzeichnet.

Trip Journal

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Nur die Zeit vergeht

Wenn alles gut gegangen ist, wenn da drüben, auf der anderen Seite, wirklich alles so ist, wie manche Menschen glauben, dann kehrst du wohl eben von einem ausgedehnten Spaziergang mit deinen Vierbeinern zurück. Wahrscheinlich habt ihr den Weg durch den Wald hinterm Haus genommen, seid an der Lichtung nach Norden abgebogen, über den Kanal gesprungen und habt eure Runde über die sturmumwehten Klippen von Dorset gedreht. Wieder zuhause angekommen, wirst du dir hundert gute Bücher nehmen und dich gemütlich auf einem Sofa niederlassen, vor dir ein Teller mit einem ganzen Stapel Reibekuchen und Apfelmus, den du langsam und still genießt, es gibt keinen Hunger, dort, wo du jetzt bist. Du wirst ein Buch in einem Atemzug lesen und danach neunundneunzig weitere, ohne aufzublicken, und du würdest dabei die Zeit vergessen, wenn sie dort, wo du jetzt bist, überhaupt noch wichtig wäre. Du lebst, aber du alterst nicht. Du läufst, aber du wirst nicht müde. Du wartest, aber du spürst keine Ungeduld. Du hast alle Zeit der Welt, buchstäblich.

Hier waren es zehn Jahre, lange genug, sollte man meinen, um sich nur noch an solche Momente zu erinnern wie jene oben auf dem Kliff, und alles andere zu vergessen. Lange genug, um die Leerstelle nicht mehr zu spüren, aber so ist es nicht. Hier vergeht die Zeit, aber alles andere bleibt: die Fehler, der Trotz und die Sehnsucht.

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Neben der Mitgliedschaft in der römisch-katholischen Kirche erwarten wir fundierte theologische Kenntnisse und die feste Verwurzelung im Glauben. Bewerber mit Handicap (Taubstummheit) werden bei gleicher Qualifikation bevorzugt. Bewerbungen von Frauen sind möglich, werden aber nur ungern berücksichtigt.
In den genannten Bistümern werden zudem derzeit einige Lehrerstellen und Mönchszellen frei.
Bewerbungen an die Deutsche Bischofskonferenz, z.Hd. Herrn R. Zollitsch.